Eine Portion Selbstreflexion und Offenheit für neuen Führungsmethoden

Das Thema Führung ist gerade für junge Führungskräfte oder jene, die vor einem solchen Karrieresprung stehen, außerordentlich wichtig. Doch wie und wo lernen sie, erfolgreich zu führen?

Amelie Becher im Interview mit Angelika Volk für die VKD-Praxisberichte 2022

WAS HABEN SIE IM STUDIUM ZUM THEMA FÜHRUNG GELERNT?

Amelie Becher: Ich habe ein duales Studium absolviert und wurde so in den Praxisphasen in verschiedenen Bereichen eingesetzt. Durch den Austausch mit Praktikern konnte ich hier viel Wissen mitnehmen. Zuhören und Offenheit für Kritik gehörte zum Beispiel dazu, der Willen, über sein eigenes Handeln – und das der anderen
– nachzudenken.

An der Uni nimmt man viel theoretisches Wissen auf. Das genügt aber in der Praxis dann nicht. Es kommt auch sehr auf das Erfahrungswissen an. Man weiß nicht alles besser, weil es auf der Uni vermittelt wurde. Zum Beispiel kann man viel Theoretisches über Gruppendynamik lernen, aber es dann in der Praxis zu erleben ist etwas Anderes.

In Großbritannien und in den USA ist es zudem ein wesentlicher Teil des Medizinstudiums, dass Studierende regelmäßiges Feedback bekommen, aber auch lernen dieses zu geben – zum Beispiel an Lehrende. Es gibt eine Feedback- aber auch eine positive Fehlerkultur. Das ist auch für Führungskräfte sehr wichtig, etwa wenn es darum geht, Verantwortung zu tragen und Entscheidungen zu kommunizieren. Wenn jemand in England im Medizinstudium durch eine Prüfung fällt, wird gemeinsam überlegt, was die Gründe waren. Vor allem hinterfragen sich die Dozenten, ob sie den Stoff gut genug vermittelt haben. In Deutschland würde man wahrscheinlich einfach sagen, derjenige habe zu wenig gelernt und auf keinen Fall den Unterrichtsstil hinterfragen.

Im Führungsalltag fehlt hierzulande eine solche positive Fehler- und Feedbackkultur noch oft. Dabei müsste ich mich doch zum Beispiel zuerst selbst fragen, was ich falsch gemacht habe, wenn etwas schief geht oder nicht funktioniert.